Auch die Jahre um 1800 waren eine Zeit voller Umbrüche. Die Revolution versprach ausgehend vom napoleonischen Frankreich „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“, doch was davon blieb direkt nach dem Wiener Kongress vor 200 Jahren? – Ganz anders verhielt es sich mit der tatsächlich zukunftsweisenden Revolution Beethovens, der sich dem aufklärerischen Gedankengut verpflichtet fühlte, und der mit seinem Geist die Musik nachhaltig prägte.
Beethoven ging vor allem als Symphoniker in das Gedächtnis seiner Nachwelt ein, weil jede seiner Symphonien - gerade durch ihre Individualität - eine bahnbrechende Erneuerung darstellt, und damit seine Entwicklung als fortschrittlich denkender Genius nachvollziehbar machen.
Er war Wegbereiter und seine Werke Vorbild für alles, was nach ihm komponiert wurde. „Beethoven wird immer etwas zu sagen haben. Die hohe künstlerische Moral seines Schaffens ist es, was seinem Werk ewige Gegenwart sichert“, schreibt Hans Swarowsky in seinem Buch „Wahrung der Gestalt“.
Ich freue mich, dass es hier in Lambach gelungen ist, alle neun Symphonien und dazu alle Solokonzerte von Beethoven im Rahmen der Konzertreihe beethoven:complete zur Aufführung zu bringen. Eine einmalige Gelegenheit für Publikum und Orchester, den Schaffensprozess Beethovens mit ihm gemeinsam zu durchlaufen – er nimmt uns mit auf den Weg, den er selbst gegangen ist: von 1795 bis 1824. Trotz seines Gehörleidens – bis hin zur absoluten Taubheit, die wie ein Damokles-Schwert über ihm schwebte – komponierte er unermüdlich weiter: die Musik in ihm, die ihm die Lebensfreude gab.
Mit der Aufführung der 9. Symphonie im November wollten wir ein Zeichen des Dankes setzen für den unermüdlichen Einsatz von Menschen, die für ein friedliches und freies Leben in der Gemeinschaft kämpfen, und für Musik, Kunst und Humanität eintreten. – Schöpfen auch wir dafür Kraft aus der Musik Beethovens!
Gerald Mair, Künstlerischer Leiter der Klangvereinigung Wien